von Glatteis, Schnee und Blechlawine

 

 

Wer kennt es nicht, das allgegenwärtige morgendliche Glitzern auf den Straßen zu dieser Jahreszeit?

 

Schnell noch eben vor der Arbeit die Scheiben des Pkws enteisen und rechtzeitig losfahren, um den winterlichen Straßenverhältnissen Herr zu werden und um den Arbeitsdienst auch bei widrigen Straßenverhältnissen pünktlich beginnen zu können.

 

Sodann schnell ins Auto, den Arbeitskollegen kurz abholen und ab in den Berufsverkehr.  

 

Schon gut die Hälfte der Strecke ist geschafft, die nächste Ampel naht und springt auf rot.

 

Das Auto wird gestoppt, ein Quietschen, ein Knall und da ist er der Glätteunfall.

 

Nun ist der Ärger, auch wenn die Haftungsfrage geklärt und ein Personenschaden zum Glück nicht entstanden ist, erst einmal groß und es stellt sich die Frage, welcher Sachschaden kann dem Unfallgegner und der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung überhaupt dem Umfang nach aufgegeben werden?

 

Der Schaden am PKW muss ersetzt werden, so viel ist sicher. Auch der Nutzungsausfall bzw. die Kosten eines Mietwagens.

 

Habe ich darüber hinaus auch einen Anspruch auf Ersatz einer merkantilen Wertminderung? Was ist das überhaupt? Wer trägt die Kosten, wenn ich mich hierbei anwaltlich vertreten lasse und darf die gegnerische Versicherung mich auf eine markenfreie kostengünstigere Reparaturwerkstatt verweisen?

 

Eine merkantile Wertminderung ist der potenzielle Schaden, den der Geschädigte dadurch erleidet, dass sein zuvor unfallfreies Fahrzeug bei erheblicher Beschädigung, gleich ob nach dem Unfall wieder vollständig repariert oder nicht, dadurch erleidet, dass das Fahrzeug im Falle des Weiterverkaufes einen geringeren Verkaufpreis dadurch erzielen wird, dass dem Fahrzeug fortan das Odem des sogenannten „Unfallwagens“ anhaftet.

 

Während die ältere Rechtsprechung einen solchen Schaden nur zuerkannt hat bei neueren Fahrzeugen unter 5 Jahren Alter bzw. unter 100.000 km Laufleistung, gewährt die neuere Rechtsprechung einen Ersatzanspruch auch außerhalb dieser Grenzen. (exemplarisch OLG Oldenburg, Urt. V. 1.3.2007, az 8 U 5246/06, OLG Düsseldorf, Urt. V. 30.11.2010, Az.: I-1 U 107/08, AG Prüm, Urt. V. 15.1.2008 Az.: 5 C 522/06, AG Fürstenfelde v. 24.7.2008, Az.: 12 C 102/08.)

 

Grundsätzlich dürfen Autofahrer zudem ihr Fahrzeug in einer Markenwerkstatt ihrer Wahl reparieren lassen, aber Vorsicht!

 

Der BGH hat u.a. mit Urteilen vom 20.10.2009 Az.: VI ZR 53/09, 13.07.2010, Az.: VI ZR 259/09 und 14.5.2013, Az.: VI ZR 320/12 entschieden, dass bei gleichem Qualitätsstandard der freien Werkstatt bei Fahrzeugen über 3 Jahren Alter, sofern nicht besondere Gründe entgegenstehen (z. B. das Fahrzeug immer in der Markenwerkstatt zur Reparatur war, also „checkheftgepflegt“ ist) seitens der gegnerischen Kfz- Haftpflichtversicherung auf eine günstigere freie Werkstatt mit gleichem Qualitätsstandard zwecks Reparatur verwiesen werden kann, sofern diese mühelos und ohne weiteres zugänglich ist.  

 

Die gegnerische Versicherung kann diesen Grund sogar, sofern prozessuale Gründe, wie etwa verspätetes Vorbringen, nicht gegeben sind, noch in einem laufenden Gerichtsverfahren „nachschieben.“

 

Unter Umständen kann daher der Geschädigte aufgrund der Verletzung seiner Schadensminderungspflicht auf einem Teil seiner Kosten sitzen bleiben, sofern er in der Markenwerkstatt reparieren lässt.

 

Wann und vor allem in welchem Radius eine solche Werkstatt mühelos zu erreichen sein soll, lässt der BGH hingegen offen.

 

Eins steht jedenfalls fest, eine mangelhafte Reparaturleistung wird nirgendwo hinzunehmen sein und es empfiehlt sich jedem Fall, nach dem Unfallereignis einen qualifizierten Rechtsanwalt aufzusuchen und sich beraten und den Anspruch beziffern zu lassen, um hier keine Fehler zu machen und wohlmöglich bares Geld zu verschenken.

 

Denn bei 100%-iger Haftung muss die gegnerische Kfz- Haftpflichtversicherung die eigenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Außenverhältnis voll ersetzen.

 

Wir hoffen, über die aktuelle Problematik einen Überblick verschafft zu haben und wünschen eine sichere und gute Fahrt!

 

 

 

Enrico Joost

Rechtsanwalt