Die Last mit der Altlast! Berücksichtigungsfähiger Schuldendienst im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners beim Ehegattenunterhalt:

 

Scheidungen tun weh und zwar in jeder Hinsicht. Um im Zeitraum nach der Trennung für den Unterhaltsverpflichteten gegenüber dem oder der Unterhaltsberechtigten dessen Leistungsfähigkeit richtig zu berechnen, müssen alle Verbindlichkeiten auf den Prüfstand.

 

Hochgradig streitig ist, ob „Altschulden“ im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten in die Berechnung einfließen und sich so im Ergebnis ein geringerer Unterhalt gezahlt werden muss unter Berufung auf einen noch zu tilgenden Kredit.

 

Die anzusetzenden Schulden müssen hierbei tatsächlich getilgt werden und angemessen sein. Angemessen bedeutet insofern, ob die Schulden hinsichtlich Art, Anlass und Entstehungszeit schon zur Zeit des Zusammenlebens entstanden sind und im Kontext mit der gemeinsamen Lebensführung stehen, die Schulden müssen mithin „eheprägend“ sein.

 

Tilgungsraten auf Hausdarlehen z. B. sind so lange abzusetzen, wie der andere Ehegatte im Rahmen des Zugewinnausgleichs hiervon profitiert oder beide Ehegatten Miteigentümer sind. Ansonsten müsste hier zwischen berücksichtigungsfähigen Zinszahlungen und Tilgungsraten unterschieden werden, wobei letztere oft nur der einseitigen Vermögensmehrung dienen und insofern nicht zu berücksichtigen wären.

 

Der BGH berücksichtigte bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.2011 nach der Trennung aufgenommene Schulden nach dem Grundsatz der „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse“, wenn Sie unumgänglich waren oder nicht leichtfertig eingegangen wurden.

 

Nunmehr tendiert der BGH seit der o. g. Entscheidung für diese Art Schulden dazu, einen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen zu verlangen, es sind daher nur Umstände berücksichtigungsfähig, die auch bei Weiterbestehen der Ehe eingetreten wären.

 

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist hier z. T. sehr zurückhaltend, da den Schulden in gleicher Höhe ein entsprechender Gegenwert gegenüberstehe, von dem der andere Ehegatte nicht mit profitiere. Es kommt also auch hier maßgeblich auf die genauen Umstände des Einzelfalles und eine detaillierte Prüfung an.

 

Die unterlassene Berücksichtung des In-Ansatzbringens berücksichtigungsfähiger Schulden birgt daher das erhöhte Risiko einer Unterhaltsüberzahlung. Darüber hinaus haben sich seit dem 01.01.2015 die Unterhaltsselbstbehalte der Unterhaltsschuldner nicht unerheblich erhöht.

 

Diese Umstände führen mit z. T. nicht berücksichtigten Kosten de s Umgangs, welche darüber hinaus den Selbstbehalt erhöhen können (hier im Rahmen des Kindesunterhaltes, sofern dem Umgangsberechtigten das Kindergeld nicht zugute kommt und er die Umgangskosten aus dem Betrag, der ihm aus dem notwendigen Selbstbehalt verbleibt, nicht zahlen kann, z. B. bei großer Distanz) oft zu Unterhaltsüberzahlungen.

 

Hier besteht oftmals Anlass, bereits bestehende Unterhaltstitel überprüfen und ggf. ein gerichtliches Abänderungsverfahren bei sodann erheblicher Abweichung der Zahlungsverpflichtung (Faustformel: 10 %) durch einen spezialisierten Rechtsanwalt durchführen zu lassen, um weitere Überzahlungen zu vermeiden.

 

Enrico Joost

Rechtsanwalt